Unsere virtuelle Berührung miteinander

virtuelle Berührung

virtuelle berührung

Wir verständigen uns auf sehr komplexe Weise. Evolutionär haben wir Menschen die Möglichkeit erworben, nicht nur verbal-rational zu kommunizieren, sondern auch nonverbal einfühlsam die Gesten und Haltungen Anderer zu deuten und Stimmungen aufzunehmen – wir arbeiten also mit unserem Einfühlungsvermögen und unserem Bewusstsein (für Etwas).

Interessant ist, dass sich im zwischenmenschlichen Umgang bei uns in den letzten Jahren Einiges verändert hat, besonders an unserer Art zu kommunizieren – über Medien. Bei emotionalen Themen war es früher schwer vorstellbar, diese per Computer im Internet oder per SMS abzuklären oder überhaupt anzusprechen.

Heute ist das durchaus üblich. Der Flirt, ein Streit, ein emotionales Problemgespräch per SMS – 163 Zeichen, um dem Anderen seine Gefühle zu beschreiben. Kennen Sie eine Person, die sich bis zum heutigen Tag noch nicht per SMS gestritten hat?

 

Kontakt?

Verlernen wir eigentlich gerade, zum Beispiel ein Kompliment direkt an einen anderen Menschen zu adressieren? Diesem Anderen in die Augen zu sehen und zu sagen, was für uns schön ist oder traurig? Verlernen wir vielleicht bald im alltäglichen Umgang das persönliche Begrüßen und Verabschieden, als direkte, persönlich Geste? So wie sich ja auch an unseren (Fern)Seh- und Lesegewohnheiten bemerkenswert viel verändert hat in den letzten 20 Jahren – so könnte sich doch auch der gesamte, menschliche Umgang immer weiter transformieren. In einer Art (weiter laufendem) sozialen Konformitätsprozess? virtuelle Berührung

Wenn heutzutage in einer Bar innerhalb einer Gesprächsgruppe ein Mensch sein Smartphone zückt und beginnt, auf dem Touchscreen herumzustreicheln, wirkt es doch bereits wie bei einer sozialen Ansteckung (ein Begriff, den Sie vielleicht vom Phänomen aufkommender Panik in Menschenmengen her kennen): Nicht selten verstummt innerhalb kurzer Zeit das Gruppengespräch, Alle zücken ihr eigenes Gerät und prüfen Emails oder News im „Social Net“…

 

Bereits völlig „normal“

Stellen Sie sich mal vor, es sitzt eine Person am Nebentisch, die vielleicht 5-7 Jahre weg war, vielleicht als Ärztin oder als Fachkraft in Afrika/Südamerika. Sie sitzt nun in dieser Bar und beobachtet von außen dieses Gruppenverhalten: Alle blicken still auf ihr Gerät, keiner spricht innerhalb der nächsten 1-2 Minuten mit dem Anderen, die Gesichter sind alle vom blassen Geisterschimmer der Handybeleuchtung erhellt… Danach wird dann das Gespräch wieder aufgenommen, es wird sich regelrecht aufgereckt und gestreckt, durchgeatmet, die Lautstärke steigt gleich wieder an, es wird gelacht und gescherzt. Häufig wird jetzt auch mal zugeprostet, ein guter Anlass… 20 Minuten später ist es plötzlich wieder still – Jemand hat wieder sein Smartphone gezogen, und Alle haben sofort reagiert. Es herrscht stille Andacht und die Gesichter sind erneut geisterhaft blass beschienen… virtuelle Berührung

Was glauben Sie nun, denkt sich diese Person am Nachbartisch? Wenn wir sie bitten würden, dieses Gesprächsverhalten zu beschreiben: Welche Wichtigkeit würde sie den vermeintlichen ‚Nachrichten‘ (in den Social Feeds), und welche Wichtigkeit dem geführten Gespräch innerhalb der Gruppe zuschreiben?

 

No way back…

Immerhin sind es noch erkennbare Geräte, die wir in den Händen halten, das hilft auch noch dem zwischenmenschlich-analogen Gruppen-Verständnisprozess. Wann wird es die ersten verbauten (oder gar subkutanen) ‚User Communication Interfaces‘ geben?

Wie schon gesagt: Durch die Entwicklung und das konforme Kommunikationsverhalten in unserer Gesellschaft verändern wir auch unsere Sprache und Sprachgewohnheiten. „Kurz und knapp“ auf der (geglaubten) Sachebene löst die blumige Sprache oder eine interpretatorische Haltung zumeist ab. Auch dieser Artikel müsste, SEO-optimiert, völlig anders überschrieben sein: nicht so bildhaft-symbolisch, sondern bereits mit den ‚key words‘, um die es im Fließtext geht. Etwa so: Smartphones verändern Kommunikation.

Was meinen Sie? Ich finde ja meine metaphorische Umschreibung für den Versuch der (modernen) Menschen, sich virtuell, sozial, kommunikativ zu verständigen, irgendwie schöner. Auch wenn der Artikel dann schwerer gefunden wird…

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